Derzeit gibt es in Deutschland 13.784 Abfindungsbrennereien, die auf eine jährliche Produktionsmenge von 300 Liter neuerzeugtes Ethanol limitiert sind. Diese kleinen und mittleren Brennereibetriebe sind im Privatbesitz und überwiegend im ländlichen Raum angesiedelt. Sie verwerten u.a. ansonsten ungenutztes regionales Streuobst und vermarkten Destillate und Spirituosen meist direkt oder in Genossenschaften. Damit sind sie ein wichtiger Bestandteil lokaler Wirtschaftsstrukturen und tragen zur nachhaltigen Landschaftspflege und Sicherung der Streuobstbestände bei. Ein repräsentatives Bild zur vorherrschenden Qualität der regional erzeugten Spirituosen kann aus Prämierungsergebnissen der Landesverbände der Klein- und Obstbrenner Nord- und Südwürttembergs gewonnen werden. Die zweijährig stattfindende Prämierung bietet seit 1997 Qualitätsdaten. Je Prämierung wurden 1540 ± 116 Spirituosen durch geschulte und geprüfte Sensorik-Panels bewertet. Die Qualität lässt sich anhand der vergebenen Medaillen abschätzen. Es wurden 19 ± 5 % Gold-, 44 ± 5 % Silber- und 25 ± 5 % Bronzemedaillen vergeben. Weitere 12 ± 4 % der Produkte zeigten erhebliche Mängel. Im Jahr 2019 wurden bei der Prämierung 1055 Bränden mit 16,8 % Gold-, 53,5 % Silber- und 23,6 % Bronzemedaillen sowie 6,2 % mit „erheblichen Mängeln“ bewertet. Die Kategorien Bronze und geringer (in Summe ca. 30 %) sind durch die Eigenschaften „merkliche Qualitätsabweichung“ und „deutliche Mängel“ definiert. Daraus wird deutlich, dass ein hohes Verbesserungspotential hinsichtlich der vorherrschenden sensorischen Qualität von Bränden besteht. Dies birgt ein hohes Herstellerrisiko.
Es liegt nahe, dass auftretende Qualitätsmängel u.a. auf Grund eines mangelnden Kenntnisstands des Fermentations- und Destillationsvorgangs entstehen. Vielmehr fehlt es bislang an einem vertieften Wissen über die Möglichkeit, die Bildung von Aromastoffen bei der Vergärung von Streuobstsorten zu beeinflussen und diese durch gezielte Steuerung des Destillationsvorgangs im Wertprodukt an- bzw. abzureichern. Die Motivation des Forschungsvorhabens begründet sich aus diesem mangelnden Kenntnisstand. Es kann davon ausgegangen werden, dass ein Wissensgewinn der Fermentations- und Destillationsvorgänge zu einer Sicherung der Produktqualität beitragen kann und damit zu einer nachhaltigen Verwertung von Streuobst führen wird. Dies führt langfristig zu einer Sicherung der Streuobstbestände.
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